Von Stinkehund und Speckberta bis Baby und Prinzessin

Sekundärnamen für Hunde – ein onomastischer Zugang zur Tier/Mensch-Grenze

Der Beitrag untersucht Ruf- und Spitznamen für Haushunde auf der Basis einer Fragebogenerhebung. Es zeigt sich eine zunehmende Konvergenz von Hunde- und Babynamen: Menschen wie Hunde heißen heute häufig Henry, Nele oder Frida. Hundehalter*innen investieren viel Zeit in die Namenwahl, wodurch Hundenamen individueller werden. Bei der Vergabe von Spitznamen zeigt sich vor allem Kreativität. Sie sind häufig länger als die durchschnittlich zweisilbigen Rufnamen. Benennungsmotive weisen Ähnlichkeiten zu Kosenamen in Paarbeziehungen auf. Häufig handelt es sich um Rufnamen mit hypokoristischen Modifikationen (Lilinchen < Lila), deadjektivische Übernamen (Großer), Metaphern aus der Tierwelt (Maus, Bär) oder Rollenspiele (Fee, Prinzessin). Oft bedienen sie Genderstereotype (Madämchen, Hexe, Gangster) oder konterkarieren sie auf frotzelnde Weise (Lucifer < Lucie). Wie bei anthroponymischen Kosenamen tritt Geschlecht jedoch häufig hinter dem Ausdruck von enger Beziehung zurück (Baby, Schatz).

Die diachrone Veränderung von Hunderufnamen und die Verwendung von (oft mehreren) hundespezifischen Spitznamen lässt auf eine zunehmende Individualisierung und Vermenschlichung von Haushunden sowie auf eine Veränderung von Familienkonzepten schließen – von der traditionellen Kernfamilie zur Interspezies-Familie. Spitznamen fungieren dabei nach innen und außen als Beziehungsmarker zwischen Mensch und Hund.

Zusammenfassung des Sammelband

Anders als offizielle Namen sind inoffizielle nicht amtlich registriert. Sie entstehen vorwiegend in der mündlichen Gruppenkommunikation. Dank der nahezu unbeschränkten Möglichkeiten, sie zu bilden, übernehmen sie die Hauptfunktion, die gruppenspezifische Wahrnehmung und Wertung des Namenträgers zu kodieren. Inoffizielle Namen sind eine besondere Schicht aller Namenklassen. Onomastische Studien außerhalb des anthroponymischen und zoonymischen Bereichs liegen bislang allerdings kaum vor. Der Sammelband soll diese Forschungslücke reduzieren: Gegenstände der enthaltenen Studien sind neben Nicknames und Hundenamen inoffizielle Namen von Städten, Stadtteilen, Straßen und Gebäuden, von Parteien, Schulen, Sportmannschaften, Ultrafangruppen, Autos, Segelbooten und Haushalts-/Gartengeräten. Im Fokus der Einzelbeiträge steht die Analyse des namenbildenden Sprachmaterials, der Namenstrukturen und der Benennungsmotive bzw. Beweggründe der Namenwahl.

Schweden, Theresa (2024): Von Stinkehund und Speckberta bis Baby und Prinzessin: Sekundärnamen für Hunde – ein onomastischer Zugang zur Tier/Mensch-Grenze. In: Ewald, Petra/Pohl, Inge (Hrsg.): Inoffizielle Eigennamen – Onomastische Studien (Sprache – System und Tätigkeit 76). Berlin: Peter Lang, 83-105.