Prof. Dr. Heike Drotbohm

Projektleiterin | Mobilität und Ordnungsprozesse

Ich bin Ethnologin (Kultur- und Sozialanthropologie) und arbeite seit vielen Jahren über soziale Beziehungen, vor allem Verwandtschaft, Generationenbeziehungen und Sorge (Care) in transnationalen Lebenswelten, in der Karibik, in Brasilien und Westafrika. Grundsätzlich interessiere ich mich aus praxeologischer und phänomenologischer Perspektive für die Frage, was soziale Gebilde (Familie, Freundschaft, ethnische Zugehörigkeit) in grenzüberschreitend gelebten Alltagswelten zusammenhält und wie Menschen mit der Erfahrung umgehen, wenn ehemalige Gewissheiten des sozialen Zusammenhalts nicht mehr gegeben scheinen.

In meinem jüngsten, in der brasilianischen Metropole São Paulo durchgeführten Forschungsprojekt, untersuchte ich, wie neu in der Stadt eingetroffene Migrant:innen die Hilfelandschaft der Stadt wahrnehmen, welche Beziehungen sie darin gestalten, welche Formen der Unterstützung ihnen in humanitären und in pro-migrantischen Kontaktzonen der Hilfe geboten werden und wie sich dies auf ihre Subjektposition auswirkt.

Warum Humandifferenzierung? Zwar wird in vielen Formen der Hilfe und der Solidarität auf den Abbau sozialer Ungleichheiten hingearbeitet, gleichzeitig wirken Humandifferenzierungen in diese asymmetrischen Interaktionen hinein. Ich interessiere mich sowohl für die kognitive und administrative ‚Sortierarbeit‘, die in humanitäre und solidarische Interaktionen eingelagert ist, als auch für die weniger bewussten, eher affektiv und emotional wirkenden Unterscheidungen, die mitunter von den Akteur:innen selbst ignoriert, geleugnet oder unterwandert werden.

Foto: Stephanie Füssenich