Prof. Dr. Mita Banerjee
Projektleiterin | Körper und Performances
Worum geht es in meiner Forschung im SFB?
Als Teilprojektleiterin des Projekts „Successful Aging: Best Agers am Schnittpunkt von Alters- und Leistungsdifferenz“ interessiert mich die Frage, wie die Altersdifferenz in zeitgenössischen westlichen Gesellschaften wie den USA kulturell „hergestellt“ wird. Was geschieht, wenn ein biologischer Prozess plötzlich mit der Leistungsdifferenz verbunden wird? Wie kann man überhaupt erfolgreich oder auch weniger erfolgreich altern, und in welchen Bereichen stellt man den eigenen „Alterserfolg“ unter Beweis? Dabei gehe ich gemeinsam mit Ruth Gehrmann und Lisa Brau-Weglinski anhand von Selbst- und Fremdbeschreibungen von „Best Agern“ auch der Frage nach, wie das „Prädikat“ von „successful aging“ überhaupt vergeben wird und in welchen Medien und Genres erfolgreiches Altern aufgeführt wird. In einem aktuellen Aufsatz betrachte ich die Selbstdarstellung von Baddie Winkle, dem ältesten Unterwäschemodel der Welt. Wie gehen wir mit diesen ungewöhnlichen Altersbildern um, auch an der Schnittstelle von Fragen über Alter, Gender oder Attraktivität?
Was prägt mich und meine Forschung?
In meiner Forschung befasse ich mich mit unterschiedlichen Formen von Differenzierung, mit der Altersdifferenz ebenso wie mit anderen Kategorien wie Ethnizität oder Behinderung. Mich interessiert dabei auch, in welchem Verhältnis kulturelle Differenzierungsprozesse zu Differenzkategorien stehen, wie sie durch medizinische Diskurse geschaffen werden. Nehmen kulturelle Texte (z.B. Autobiographien, Romane, Dokumentarfilme, Social Media) diese Kategorien auf, widersetzen sie sich ihnen oder formen sie um? Dabei spielen interdisziplinäre Ansätze wie die Aging Studies und die Medical Humanities für mich eine wichtige Rolle. In meinem Buch „Centenarians‘ Autobiographies: Age, Life Writing and the Enigma of Extreme Longevity” (De Gruyter, 2023; im Erscheinen) etwa untersuche ich, wie Hundertjährige in ihren Autobiographien die Medikalisierung von Langlebigkeit rigoros ablehnen und ihr vielmehr kulturelle Narrative entgegensetzen.
Welche Stationen haben mich zum SFB gebracht?
Ich war Mitglied in der DFG-Forschungsgruppe „Un/Doing Difference“, aus der der SFB „Humandifferenzierung“ unter anderem hervorgegangen ist. Gleichzeitig war ich bis 2023 Ko-Sprecherin des DFG-Graduiertenkollegs „Life Sciences, Life Writing: Grenzerfahrungen menschlichen Lebens zwischen biomedizinischer Erklärung und lebensweltlicher Erfahrung,“ und habe mich in diesem Rahmen mit der Schnittstelle zwischen Medizin und Literatur befasst. Als Professorin am Obama Institute for Transnational American Studies treibt mich vor allem auch die Frage um, wie US-amerikanische Diskurse auch die europäische Wahrnehmung von Differenzen und Differenzierungsprozessen prägen, und welche Vorteile und Grenzen eine solche Übertragung mit sich bringen kann.
Foto: Stephanie Füssenich