Kochen als Klassenkampf? Solidarität in einer Gemeinschaftsküche in São Paulo, Brasilien
Elena Reichl
„Niemand soll es jemals wieder wagen, an der Kampffähigkeit der Arbeiter zu zweifeln“ liest sich in roten Buchstaben an der Mauer bei der Cozinha Solidária (solidarische Küche) in Santo André, dem Industrierevier São Paulos. Die Gemeinschaftsküche wird von der sozialen Bewegung Movimento dos Trabalhadores Sem Teto MTST verwaltet.
Die große Utopie der gesellschaftlichen Umgestaltung der sozialen Bewegung beeindruckte mich. Ich war losgezogen, um in einer zehnmonatigen ethnologischen Feldforschung im Süden Brasiliens informelle, also nicht-staatliche Unterstützungspraktiken zu untersuchen. Die Cozinha Solidária ist keine Armenspeisung mit der eingeschriebenen Dichotomie zwischen Bedürftigen und Helfenden, sondern ein Gemeinschaftsraum der gegenseitigen Unterstützung, politischen Organisation und Bildung. Mit den Cozinhas Solidárias hatte ich ein Projekt gefunden, das von sozialer Gerechtigkeit und gesellschaftlicher Emanzipation träumte." (Auszug)
Reichl, Elena Maria 2024: Kochen als Klassenkampf? Solidarität in einer Gemeinschaftsküche in São Paulo, Brasilien, FZG – Freiburger Zeitschrift für GeschlechterStudien 30, S. 75-84. https://doi.org/10.3224/fzg.v30i1.06